Gesetzliche Erbfolge

Das Erbrecht des Staates (Fiskus)

Lebt zur Zeit des Erbfalls kein Verwandter, Ehegatte oder Lebenspartner des Erblassers, erbt gemäß § 1936 BGB das Land, in dem der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen letzten Wohnsitz oder, wenn ein solcher nicht festgestellt ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Im übrigen erbt der Bund.

Im Ergebnis heißt dies, dass der Fiskus i.d.R. dann gesetzlicher Erbe wird, wenn alle in Betracht kommenden testamentarischen, durch Erbvertrag berufenen oder gesetzlichen Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben, was meistens seinen Hintergrund in der Überschuldung des Nachlasses hat. Durch diese gesetzliche Regelung wird sichergestellt, dass es keinen erbenlosen Nachlass gibt, wobei der Erblasser das gesetzliche Erbrecht des Staates weder ausschließen kann, noch der Fiskus als Zwangserbe die Möglichkeit hat, die Erbschaft auszuschlagen oder gar auf diese zu verzichten.

Die Feststellung des Erbrechts des Fiskus (§ 1964 BGB) erfolgt durch das zuständige Nachlassgericht, welches zuvor die Erbenermittlung zu betreiben hat und im Rahmen dessen nach § 1965 Abs. 1 BGB zuvor eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte unter gewissen Voraussetzungen zu veranlassen hat. Erfolgt ein Feststellungsbeschluss des Nachlassgerichts, dass ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist, so begründet dies die widerlegbare Vermutung, dass der Fiskus Erbe ist. Gegen diese Vermutung ist der Beweis des Gegenteils zulässig (§ 292 ZPO), wobei der dahingehende Feststellungsbeschluss jederzeit wieder aufgehoben werden kann, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen und das Gericht dies für gerechtfertigt hält (§ 48 Abs.1 FamFG).

Das Ehegattenerbrecht

Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten, welches in § 1931 BGB geregelt ist, wird dem Grunde und der Höhe nach zum einen davon bestimmt, inwieweit Verwandte des Erblassers in welcher Ordnung vorhanden sind und in welchen Güterstand die Eheleute gelebt haben. Grundsätzliche Voraussetzung für das Ehegattenerbrecht ist, dass die Ehe im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls noch bestanden hat, wovon zum Beispiel nicht ausgegangen werden kann, wenn ein rechtskräftiges Ehescheidungsverfahren vorliegt (§ 1564 BGB) oder gar zwar die Ehe noch Bestand, jedoch zum Beispiel nach § 1933 BGB zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzung für die Scheidung der Ehe bereits gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt hat oder ihr zugestimmt hat.

Die Korrekturen nach dem ehelichen Güterrecht sowie die Quoten des Ehegattenerbrechts

Die Quote bestimmt sich danach, mit welchen Verwandten der Ehegatte noch als gesetzlicher Erbe berufen ist. Gemäß § 1931 BGB erbt der überlebende Ehegatte des Erblassers neben Verwandten der 1. Ordnung zu einem Viertel, neben Verwandten der 2. Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte, wobei treffen mit Großeltern Abkömmlinge von Großeltern zusammen, der Ehegatte auch von der anderen Hälfte den Anteil der nach § 1926 BGB den Abkömmlingen zufallen würde erhält. Sind weder Verwandte der 1. oder 2. Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte, also demnach neben Erben der 4. Ordnung, die ganze Erbschaft, wobei § 1371 BGB unberührt bleibt, welcher einen zusätzlichen Anspruch auf Zugewinnausgleich im Todesfall für den überlebenden Ehegatten regelt.

Der Einfluss des ehelichen Güterrechts

Je nachdem in welchen Güterstand die Eheleute lebten, erhält der überlebende Ehegatte ein i.d.R. erhöhtes Erbrecht. Insoweit gilt, dass wenn die Eheleute

  • im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten,

der Anteil an dem Erbe des Ehegatten um 1/4 erhöht wird, welcher dem Ehegatten unabhängig davon zusteht, ob er tatsächlich einen Zugewinn erzielt hätte in der durch den Tod beendeten Ehe mit dem Erblasser. Unter Berücksichtigung der oben genannten Quote und des Einflusses der Zugewinngemeinschaft erbt der überlebende Ehegatte demnach neben Abkömmlingen der 1. Ordnung ein Halb (1/4 + 1/4), neben Verwandten der 2. Ordnung bzw. sämtlichen Großeltern drei Viertel (1/2+1/4), wobei gemäß § 1931 Abs. 1 Satz 2 BGB gilt, dass wenn der Ehegatte schon 3/4 der Erbschaft erbt, er Alleinerbe wird;

  • die Gütertrennung vereinbart (§ 1414 BGB) haben,

gemäß § 1931 Abs. 4 BGB zu berücksichtigen ist, dass die Kinder des Erblassers jeweils nicht mehr als der Ehegatte erben, was im Ergebnis heißt, dass der überlebende Ehegatte wenn ein Kind vorhanden ist 1/2 und neben 2 Kindern 1/3 erben würde. Sind 3 oder mehr Kinder vorhanden, so erbt der Ehegatte 1/4, unabhängig davon, wie viele Kinder vorhanden sind, so dass sich also bei mehr als 2 Kindern diese den übrigen Nachlass von 3/4 (zu gleichen Teilen) teilen (§ 1924 Abs. 4 BGB) müssen;

  • die Gütergemeinschaft vereinbart haben,

dies nicht zu einer Veränderung der Erbquote führt, sondern es gemäß § 1482 BGB vielmehr bei den allgemeinen Regelungen bleibt (§ 1931 Abs. 1 und 2 BGB), da der überlebende Ehegatte bei der Gütergemeinschaft ohnehin schon zur gesamten Hand Miteigentümer des Gesamtgutes (§ 1416 Abs. 2 BGB) ist.

Wer erbt nach der gesetzlichen Erbfolge ?

Wenn der Erblasser kein Testament (wirksam) errichtet und keinen Erben bestimmt hat oder gar kein Erbvertrag geschlossen hat, gilt im Falle des Todes einer Person automatisch die gesetzliche Erbfolge, welche in den §§ 1924 BGB f.f. geregelt ist.

Insoweit gelten im Erbrecht Prinzipien, welche hierbei zu berücksichtigen sind. Das erste übergeordnete Prinzip des gesetzlichen Erbrechts ist das so genannte Parentelsystem, wonach je nach ihrer Abstammung von bestimmten Vorfahren die Verwandten in Ordnungen eingeteilt werden, wobei ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung die Verwandten der nachfolgenden Ordnung von der Erbschaft ausschließt (§ 1930 BGB). Innerhalb der ersten bis dritten Ordnung wird die Erbfolge nach Stämmen geregelt, wobei jedes Kind des Erblassers mit seinen Abkömmlingen einen Stamm bildet und ab der zweiten Ordnung noch die Teilung der Erbschaft nach väterlicher und mütterlicher Linie hinzukommt.

Die Erben der 1. Ordnung
Erben der 1. Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers (§ 1924 Abs. 1 BGB), wobei die Erben und die Quote ihres Erbanteils nach Stämmen ermittelt wird (§ 1924 Abs. 3 BGB) und dabei das Repräsentationsprinzip gilt, wonach ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling die durch den mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge ausschließt (§ 1924 Abs. 2 BGB). Gemäß § 1924 Abs. 4 BGB Erben die Kinder zu gleichen Teilen. An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings treten gemäß § 1924 Abs. 3 BGB die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (Erbfolge nach Stämmen).

Leben beispielsweise zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers (nur noch) dessen Sohn und Tochter sowie dessen Eltern, so sind die Eltern und deren Abkömmlinge von der Erbfolge ausgeschlossen und Erben der Sohn und die Tochter des Erblassers jeweils zu gleichen Teilen (jeweils zu ein Halb). Ist beispielsweise die Tochter des Erblassers vorverstorben, dann treten kraft Eintrittsrecht dessen Kinder, also die Enkekinder des Erblassers, so dass der Sohn und die Enkelkinder Erben geworden sind, wobei sich die Quote nach Stämmen ermittel und daher ein Halb vom Nachlass der Sohn und der ein Halb Nachlass der vorverstorbenen Tochter zu gleichen Teilen zwischen den Enkeln aufzuteilen wäre.

Die Erben der 2. Ordnung
Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1925 Abs. 1 BGB). Leben zur Zeit des Erbfalls die Eltern, so erben sie allein und zu gleichen Teilen (§ 1925 Abs. 2 BGB). Falls zur Zeit des Erbfalls der Vater oder die Mutter des Erblassers nicht mehr lebt, so treten an die Stelle des verstorbenen Elternteils dessen Abkömmlinge nachdem für die Beerbung in der 1. Ordnung geltenden Vorschriften, wobei wenn Abkömmlinge nicht vorhanden sind, der überlebende Teil allein erbt (§ 1925 Abs. 3 BGB), was bei den Erben der 2. oder 3. Ordnung nach dem Prinzip der Linien erfolgt, bei welchem die Linie die vom Erblasser ausgehende Abstammung von den Eltern und Großeltern ist und hierbei die Verwandten des Vaters zur väterlichen und die der Mutter zur mütterlichen Linie gehören.

Lebt beispielsweise zur Zeit des Erbfalls nur noch der Bruder des Erblassers sowie eine Halbschwester aus der ersten Ehe des Vaters, so ist Ausgangspunkt, dass wenn die Eltern noch lebten, nach Linien sowie der Vater und die Mutter zu ½ erben. Da diese verstorben sind, geht der halbe Erbanteil der Mutter auf den Bruder des Erblassers und ist der halbe Erbanteil des Vaters zwischen den Bruder und der Halbschwester aufzuteilen, so dass im Ergebnis die Halbschwester ¼ (½ vom ½ Erbanteil des Vaters) und der Bruder des Erblassers ¾ (½ von der Mutter und ¼ vom Vater) vom Nachlass erben.

Die Erben der 3. Ordnung
Erben der 3. Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1926 Abs. 1 BGB). Leben zur Zeit des Erbfalls die Großeltern des Erblassers, so erben sie allein zu gleichen Teilen (§ 1926 Abs. 2 BGB). Lebt zurzeit des Erbfalls von einem Elternpaar der Großvater und die Großmutter nicht mehr, zu treten an die Stelle des verstorbenen dessen Abkömmlinge und wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind, so fällt der Anteil des verstorbenen den anderen Teil des Elternpaar und wenn dieser nicht mehr lebt dessen Abkömmlinge zu (§ 1926 Abs. 3 BGB). Lebt zur Zeit des Erbfalls ein Elternpaar nicht mehr und sind Abkömmlinge der Verstorbenen nicht vorhanden, so erben die anderen Großeltern oder ihre Abkömmlinge allein (§ 1926 Abs. 4 BGB). Soweit Abkömmlinge an die Stelle ihrer Eltern oder ihrer Voreltern treten, finden die für die Beerbung in der 1. Ordnung geltenden Vorschriften Anwendung (1926 Abs. 5 BGB).

Lebt beispielsweise zum Zeitpunkt des Erbfalls nur noch der Großvater väterlicherseits und ein Bruder seiner Mutter (Onkel) sowie eine Halbschwester seiner Mutter (Tante), so fällt der Nachlass je zur Hälfte in die elterliche Linie väterlicherseits und die elterliche Linie mütterlicherseits. Würden alle Großeltern noch leben (Großvater und Großmutter väterlicherseits und Großvater und Großmutter mütterlicherseits), so würden diese jeweils zu 1/4 erben. Wenn die Großeltern verstorben sind, so wird deren Anteil in den von den verstorbenen Großeltern ausgehenden Stämmen vererbt. Falls keine Abkömmlinge eines verstorbenen Elternteils vorhanden sind, so fällt dessen Anteil an den anderen Großelternteilen der selben Linie. Sollten beide Großeltern einer Linie verstorben sein und von ihnen auch keine Abkömmlinge mehr vorhanden sein, fällt der Erbanteil an die andere Großelternlinie. Demnach erbt im oben genannten Beispiel der Großvater väterlicherseits ein halb vom Nachlass des Erblassers ( ¼ Anteil der Großmutter väterlicherseits und eigener ¼ Anteil väterlicherseits). Den ¼ Anteil des Großvaters mütterlicherseits erbt der Sohn des Großvaters (Onkel des Erblassers). Den 1/4 Anteil der Großmutter mütterlicherseits erbt jeweils zur Hälfte der Onkel des Erblassers und die Halbschwester seiner Mutter (Tante), demnach jeweils 1/8. Die Halbschwester (Tante) seiner Mutter erhält demnach 1/8 und der Onkel des Erblassers mütterlicherseits 3/8 (1/8 von der Großmutter mütterlicherseits und 1/4 des Großvaters väterlicherseits).

Die Erben der 4. Ordnung
Die Erben der vierten Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (§ 1928 Abs. 1 BGB). Leben zur Zeit des Erbfalls Urgroßeltern, so erben sie allein; mehrere Erben zu gleichen Teilen, ohne Unterschied, ob sie derselben Linie oder verschiedenen Linien angehören (§ 1928 Abs. 2 BGB). Falls zur Zeit des Erbfalls Urgroßeltern nicht mehr leben, so erbt von ihren Abkömmlingen derjenige, welcher mit dem Erblasser dem Grade nach am nähesten verwandt ist; mehrere gleich nahe Verwandte Erben zu gleichen Teilen (§ 1928 Abs. 3 BGB).

In der 4. Ordnung gilt das so genannte Gradsystem und nicht die Erbfolge nach Stämmen oder Linien, was im Ergebnis heißt, dass der mit dem Erblasser gradmäßig näher Verwandte die entfernteren Verwandten ausschließt, wobei sich der Grad der Verwandtschaft nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten bestimmt (§ 1589 Satz 3 BGB) und die Graderbfolge immer nur in der jeweils zur Erbfolge berufenen Ordnung gilt.

Lebt beispielsweise noch ein Urgroßelternteil mütterlicher oder väterlicherseits, so schließt dieser immer die entfernteren Verwandten wie beispielsweise ein Großonkel oder eine Großtante oder gar dessen Abkömmlinge aus und ist dieser als gradnächster Verwandter als Erbe berufen, da das Linien-und Stammsystem nicht gilt. Würde z.B. kein Urgroßelternteil mehr leben, sondern lediglich ein Urgroßonkel, so würde dieser allein erben und einen etwaigen Abkömmling eines bereits verstorbenen Urgroßonkels oder Urgroßtante verdrängen.